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Präzise Anordnung der Speisen im Restaurant ÄNG
Präzise Anordnung der Speisen im Restaurant ÄNG des Weinguts Ästad
Fotonachweis: Ästad Vineyard

Die schwedische Küche: lokale Produkte, internationale Aromen und fortschrittliches Denken

Die schwedische Küche von heute konzentriert sich auf gesunde Produkte aus der Region und strebt nach Nachhaltigkeit. Einige Zubereitungsmethoden gehen jedoch bis auf die Wikinger zurück.

Als skandinavisches Land mit vier ausgeprägten Jahreszeiten hat Schweden eine Esskultur, die vor allem vom Klima bestimmt wird. Über Jahrhunderte ging es den Menschen im Norden darum, die frostfreie Jahreszeit von Mai bis August zum Sammeln und Kultivieren von Essbarem zu nutzen, das über den Winter gelagert werden musste. In Südschweden ist die Zeit zum Anbauen und Ernten dank der milderen Temperaturen doppelt so lang. 

Eingelegt und hart gebacken: historische Methoden, die sich bewährt haben

Schon die Wikinger mussten ihr Essen haltbar machen, um über den Winter zu kommen. Wohlhabende Haushalte konnten zu Methoden wie Salzen und Räuchern greifen, während ärmere Menschen ihre Fisch- und Fleischvorräte trockneten, fermentierten oder einlegten. Bis heute sind fermentierte Lebensmittel und eingelegtes Gemüse wie Gurken, Kohl und Rote Bete ein wichtiger Bestandteil der klassischen schwedischen Küche. Der eingelegte Hering (inlagd sill) ist ein Grundnahrungsmittel und gehört auch zu Ostern, Mittsommer und Weihnachten auf die festliche Tafel. 

Im Alltag kommen seit über tausend Jahren Haferbrei und Brot auf den Tisch. Die schwedische Bevölkerung im Norden vertraute früher auf Wassermühlen, die sich – je nach Frost im Winter – unter Umständen nur das halbe Jahr drehten. So musste Brot gebacken werden, das sich lange hielt, und so entstand das berühmte schwedische Knäckebrot, das über den Winter bis zur nächsten Produktion gelagert werden konnte. Im Süden, wo statt Wasser- eher Windmühlen zum Einsatz kamen, konnten die Leute häufiger backen und sich mit weichem Brot „verwöhnen“. 

Klassische Proteinquellen der schwedischen Küche sind Milch, Käse, Schweinefleisch, Fisch und Wild wie Elch. Rentierfleisch wurde und wird in Nordschweden vor allem als Teil der samischen kulinarischen Tradition gegessen.

Die „alten Schweden“ hatten in ihrem Garten vor allem die Gemüsesorten Zwiebeln, Rüben und Steckrüben (Rutabaga). Wurzelgemüse gedeiht gut im schwedischen Klima und lässt sich lange lagern - zwei wichtige Faktoren in der Zeit vor Kühlschrank & Co. Kartoffeln gibt es in Schweden erst seit etwa 300 Jahren. Seit dem ersten Anbau um 1720 hat die Knolle das andere Wurzelgemüse als wichtigstes Grundnahrungsmittel abgelöst. Kartoffeln sind bis heute im schwedischen Essen präsent, entweder als Pellkartoffeln oder als Püree. Die Ernte der neuen Kartoffeln (färskpotatis) markiert in Schweden den Beginn des Sommers. 

Ein wichtiger Teil der schwedischen Esskultur ist die Hausmannskost (Husmanskost oder nur Husman), also herzhafte Mahlzeiten, meistens mit Fleisch, Kartoffeln und gekochtem Gemüse. Einige Beispiele für diese klassischen schwedischen Gerichte sind: „Isterband“ (geräucherte Schweinsbratwurst mit Dillkartoffeln), „Rotmos och Fläsk“ (Wurzelgemüsebrei und Schweinsbratwurst) und „Ärtsoppa“ (gelbe Erbsensuppe). Letztere steht gerne donnerstags auf der Karte und wird von Pfannkuchen begleitet - eine Tradition aus dem 18. Jahrhundert. 


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Knäckebrot backen

Traditionelles Backen von schwedischem Knäckebrot. Schwedisches Knäckebrot wird am häufigsten aus Vollkorn-Roggenmehl hergestellt.

Foto: Björn Tesch/imagebank.sweden.se

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Knäckebrot backen

Foto: Björn Tesch/imagebank.sweden.se

Haferbrei mit Preiselbeeren

Foto: Tina Stafrén/imagebank.sweden.se

Eingelegter Hering

Foto: Carolina Romare/imagebank.sweden.se

Kartoffeln

Foto: Simon Paulin/imagebank.sweden.se

Isterband

Foto: Tina Stafrén/imagebank.sweden.se

Kartoffelpfannkuchen

Foto: Magnus Carlsson/imagebank.sweden.se

Essen in Schweden mit internationalen Einflüssen 

Ins schwedische Essen kommen überwiegend heimische Zutaten, aber viele klassische Gerichte haben einen internationalen Ursprung. Das liegt daran, dass die Schweden seit jeher gerne neue Aromen und Gerichte entdecken und mit heimischen Zutaten kombinieren, um das schwedische Essen um neue Kreationen zu bereichern.

Bereits im 17. Jahrhundert schlichen sich französische Einflüsse in die schwedische Küche ein und ließen die cremigen Saucen entstehen, die die Schweden bis heute lieben. Und das vielleicht bekannteste Nationalgericht, die Fleischbällchen (Köttbullar) hat sich nicht etwa ein Wikinger ausgedacht, sondern das Rezept brachte König Karl XII. im frühen 18. Jahrhundert aus der Türkei mit. Die Schweden verliehen dem südländischen Gericht einen lokalen Touch, indem sie die Fleischbällchen mit eingelegten Gurken, Kartoffeln und Preiselbeeren ergänzten und in einer cremigen Soße (Brunsås) badeten. Diese Kreation hat sich - IKEA sei Dank - weltweit einen Namen als „Swedish Meatballs“ gemacht. 

Natürlich haben mit der Zeit auch mediterrane, amerikanische und nahöstliche Klassiker das Essen in Schweden erreicht, wo sie neu interpretiert und fast schon schamlos dem nordischen Gaumen angepasst werden. Es ist unklar, wie Italiener und Türken über das Phänomen Kebab-Pizza denken. Oder ob französische Köche gerne Rinderfiletstreifen und Béarnaise-Sauce auf Pizza sehen. Aber beide sind ungeheuer beliebte Fastfood-Gerichte in Schweden. Ein Familienfavorit sind die Freitagstacos: von der mexikanischen Küche inspiriert und in ein einmalig schwedisches Essen verwandelt.

Weil die Schweden mit ihren vielen Hafenstädten eine lange Geschichte als Händler haben, werden exotische Gewürze wie Zimt, Kardamom, Anis und Safran traditionell beim Backen verwendet. Das Resultat kennt jeder: Zimtschnecken und Pfefferkuchen mit Ingwer sind zwei Urgesteine der schwedischen Backtradition.

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Fleischbällchen mit Kartoffelpüree

Schweden ist weltweit bekannt für seine leckeren Fleischbällchen. Sie werden traditionell in einer braunen Sauce serviert mit Kartoffelpüree und Preiselbeer-Marmelade

Foto: Magnus Carlsson/imagebank.sweden.se

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Fleischbällchen mit Kartoffelpüree

Foto: Magnus Carlsson/imagebank.sweden.se

Pizza in Schweden

Foto: Simon Paulin/imagebank.sweden.se

Zimtschnecken backen

Foto: Tina Stafrén

Weihnachts-Fika

Foto: Magnus Carlsson/imagebank.sweden.se

Schwedisches Essen aus den Schätzen der Natur 

Heute sind die Schweden stolz auf ihre naturnahe Kost, um für ihre Gesundheit zu sorgen und dabei die Umwelt zu schonen. Sie legen beim Einkaufen Wert auf Bio-Gütesiegel, eine transparente Lebensmittelproduktion und eine artgerechte Haltung der Nutztiere. Die zunehmende Nachfrage nach lokal hergestellten Zutaten hat Supermärkte dau gebracht, Produkte von nahe gelegenen Bauernhöfen ins Sortiment aufzunehmen. 

Die Farm-to-Table-Bewegung hat auch Schweden mitgerissen. Wenn man bedenkt, dass zwei Drittel von Schweden von Wald bedeckt sind und man sich in Schweden dank dem Jedermannsrecht an Beeren, Pilze und essbaren Pflanzen frei bedienen kann, ist in Schweden auch die Rede von „Forest-to-Table“. Das Restaurant Äng des Weinguts Ästad Vingård in der Region Halland an der Westküste ist der Inbegriff beider Ansätze: Die gehobenen Verkostungsmenüs werden aus Zutaten aus nahe gelegenen Wäldern, Wiesen, Seen und Bauernhöfen zubereitet. 

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Gartenarbeit

Nachhaltige Gartenarbeit auf den Kosterinseln. Kosters Trädgårdar ist ein Restaurant, ein Hofladen und ein Biogarten, in dem du echte regionale Küche probieren und mehr über nachhaltiges Leben erfahren kannst. Eine große Anzahl schwedischer Restaurants erhöht die Anzahl lokal produzierter und grüner Gerichte auf ihrer Speisekarte, um umweltfreundlicher zu werden.

Foto: Tina Stafrén/imagebank.sweden.se

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Gartenarbeit

Foto: Tina Stafrén/imagebank.sweden.se

Biologischer Anbau

Foto: Simon Paulin/imagebank.sweden.se

Einheimische Flusskrebse, geräucherte Wacholdercreme, Dill und wilde Schafgarbe im Restaurant ÄNG

Foto: Ästad Vineyard

Weniger Abfall, mehr Geschmack: der Supermarkt der Zukunft 

Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise wollen viele Menschen ihr Schärflein zu einer Lösung beitragen, indem sie Abfall reduzieren, ja sogar ganz vermeiden. 

Gram in Malmö war Schwedens erstes Lebensmittelgeschäft ohne jegliche Verpackung: Hierher bringst du zum Einkaufen deine eigenen Tupperdosen mit, die du mit lokalen und internationalen Produkten befüllst und dann nach Gewicht - daher der Name „Gramm“ - bezahlst. 

In Stockholm hat Promikoch Paul Svensson im Restaurant des Museums Fotografiska dazu beigetragen eine nachhaltige Esskultur zu schaffen. Auf der Speisekarte stehen in erster Linie pflanzliche Gerichte aus saisonalen Produkten. Fisch und Fleisch gibt‘s auf Wunsch als Beilage. Muschelschalen werden gemahlen, um daraus Teller herzustellen, und alte Weinflaschen werden an Handwerker geschickt, um sie in Gläser und Vasen zu verwandeln. Bioabfälle werden kompostiert oder sogar in Gerichten verarbeitet.

Nachhaltiges Essen vom Fotografiska

Das Restaurant Fotografiska wurde 2017 zum Museumsrestaurant des Jahres gekürt. Es handelt sich um ein nachhaltiges Restaurant, das regionale Küche serviert und alle Zutaten vollständig verwendet.

Foto: Anna Hållams/imagebank.sweden.se

Die Zero-Waste-Philosophie ist jedoch kein neues Phänomen. Das traditionelle schwedische Gericht Pyttipanna („kleine Stückchen in der Pfanne“) besteht aus gewürfelten Speiseresten wie Fleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und allem, was sich sonst noch im Kühlschrank versteckt.

Die schwedische Küche nutzt alles, was dieses riesige Land zu bieten hat, von der wilden Natur bis hin zur innovativen Landwirtschaft. Die Köche kombinieren lokale Produkte mit internationalen Einflüssen und lassen so Gerichte entstehen, die sich dem nordischen Gaumen anpassen und gleichzeitig den Horizont der Feinschmecker erweitern und neue Traditionen schaffen. Innovation und Nachhaltigkeit machen die schwedische Gastronomie und Wirtschaft fit für die Zukunft, während traditionelle Zutaten und Zubereitungsmethoden immer ihren Platz haben werden.

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