Traditionelles Osteressen in Schweden
Ostern war nicht immer das kulinarische Fest, das es heute ist. Vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und den damit verbundenen technischen Errungenschaften (der Deutsche Carl von Linde entwickelte 1876 den Kühlschrank) hatte man in Schweden nach dem langen Winter kaum frische Lebensmittel. Deswegen fiel das Osteressen lange spartanisch aus: Es bestand aus eingelegtem Gemüse und viel Fisch.
Heute wird der schwedische Ostertisch mit zahlreichen köstlichen Speisen gedeckt. Doch in einer Sache nähert man sich wieder den vergangenen Zeiten an: Immer mehr Schweden greifen zu regionalen, saisonalen Biolebensmitteln. Daraus machen sie zum Beispiel Eiersalat mit Sardellen (Gubbröra) und „Västerbottenpaj“, eine Quiche mit würzigem Västerbottenkäse, die ihren Ursprung im nordschwedischen Burträsk hat.
Fischgerichte haben nach wie vor einen Stammplatz auf der Ostertafel. Eingelegter Hering (Sill) passt zu jedem festlichen Anlass, und bei der Wahl der Geschmacksrichtungen drückt jeder Schwede seine persönlichen Vorlieben aus. Das Spektrum reicht vom klassischen Bismarckhering mit Essig, Zwiebeln und Lorbeerblättern bis hin zu Marinaden mit Senf, Kaviar oder Preiselbeeren. Und wo Hering ist, ist auch der Lachs nicht weit – egal ob pochiert, gebraten, geräuchert oder gebeizt.
Lammgerichte sind in Schweden im 20. Jahrhundert in Mode gekommen. Dieser kulinarische Brauch stützt sich sowohl auf die jüdische Tradition des Opferlamms zu Pessach als auch auf den Tod Christi als „Lamm Gottes“. Ein weiterer Neuzugang sind Osterschinken und andere Wurstwaren, die man um 1930 ins österliche Repertoire aufgenommen hat.
Bis heute ist die Speisekarte für das schwedische Osterbüfett nicht in Stein gemeißelt, sondern entwickelt sich mit der Zeit immer weiter. So findet man neben den vielen Fisch- und Fleischgerichten vermehrt auch vegane Optionen. Die bereits genannte „Gubbröra“ kann man zum Beispiel ohne tierische Zutaten machen, indem das gehackte Ei durch Pilze und Kartoffeln ersetzt und rote Zwiebeln, Schnittlauch und Crème fraîche auf pflanzlicher Basis hinzugibt.
Zum Trinken gibts Schnaps in kleinen Gläsern, und jeder Schluck wird – typisch schwedisch – von einem Trinklied begleitet. Viele der fast 450 Brauereien im Land brauen spezielles Osterbier, darunter Jämtlands Bryggeri. Das alkoholfreie Getränk der Saison heißt „Påskmust“: eine dunkelbraune Limonade mit Gewürzen, Malz und Hopfenextrakt. Sie gleicht übrigens dem Weihnachtsgetränk „Julmust“.
Im Hinblick aufs Essen werden Ostern und Weihnachten in Schweden ähnlich begangen, aber die klimatischen Rahmenbedingungen sind natürlich ganz verschieden. Während man sich im Advent zu Hause einkuschelt, ist Ostern – mit seinen vier arbeitsfreien Tagen – für viele Schweden die erste Gelegenheit, in ihrem Ferienhaus Frühlingsluft zu schnuppern. Bootsbesitzer lassen nach dem Winter erstmals ihre Fahrzeuge zu Wasser und auch zu Fuß zieht es viele in die Natur. Die helle, warme Jahreszeit steht vor der Tür – und die Schweden begrüßen sie wie einen Freund, den sie fürchterlich vermisst haben.