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Jeder Schluck ein Erlebnis: die Pioniere der schwedischen Getränke-Szene
Mit Leidenschaft, Neugier und Mut gehen Schwedens innovative Getränkemacher neue Wege. Ihre Kreationen umfassen erstklassige Cocktails im hohen Norden, Naturweine und Craftbier aus Skåne – aber auch alkoholfreie Alternativen, die geschmacklich mit Hochprozentigem mithalten können.
Viele denken bei Spirituosen aus Schweden an die weltbekannte Marke Absolut Vodka oder an die hochwertigen Kreationen der jüngeren Brennereien Mackmyra Swedish Whisky, Hernö Gin und Stockholms Bränneri. Die schwedische Getränkeszene hat aber noch viel mehr zu bieten: Da gibt es einige Hersteller und Unternehmer, die auf neuen Gebieten Pionierarbeit leisten. Während alkoholische Getränke nach wie vor dominieren, entwickeln Vordenker auch spannende alkoholfreie Alternativen, ganz im Sinne der „Sober Curiosity“-Bewegung. Sie beweisen, dass man Spaß haben kann, ohne am nächsten Morgen einen Kater fürchten zu müssen.
Egal, ob du auf Craftbier und Cider stehst, Skandi-Wein probieren willst oder auf neue Kategorien wie „Frucht-pét-nats“ und nullprozentige Spirituosen neugierig bist: Getränkeliebhaber jeder Art finden in Schweden feine Tropfen. Wir stellen acht Pioniere vor, die die nordische Getränkeszene aufmischen.
Emil Åreng, Facit Bar
Schwedens Star-Barkeeper in Umeå
Die besten Cocktails des Landes gibt’s in der nordschwedischen Stadt Umeå, und zwar in der kürzlich eröffneten Bar Facit des berühmten Barkeepers Emil Åreng. Nach seiner viel gelobten Tätigkeit als kreativer Leiter und Barmann der Cadierbaren im historischen Grand Hôtel von Stockholm ist Åreng zu seinen nördlichen Wurzeln zurückgekehrt und beglückt nun Umeå mit seinem außergewöhnlichen Mixhandwerk. Im Facit kommen in Schweden hergestellte Spirituosen und lokale Zutaten ins Glas. Åreng profitiert außerdem von der engen Zusammenarbeit mit anderen ambitionierten Herstellern (egal, ob groß oder klein). Auch moderne Küche wird angeboten, doch im Mittelpunkt stehen die Bar und die Getränkekarte.
Für Åreng geht es darum, neue Trinkerlebnisse und Geschmacksrichtungen zu schaffen. Deswegen betreiben er und sein Team auch eine Menge „Laborarbeit“: Da werden heimische Zutaten wie Fichtenspitzen und Moltebeeren konserviert und eingefrostet, um Cocktails mit einfallsreichen Aromen zu mixen. „Salzen, trocknen, einlegen – in Schweden haben wir schon immer Zutaten haltbar gemacht. Es ist an der Zeit, diese Methoden ins Cocktailmixen zu integrieren“, sagt Åreng.
Schwedens komplexe Trinkgeschichte hat Åreng außerdem dazu angeregt, den Kaffeelikör KASK, zu kreieren. Der Name geht auf die Tradition zurück, Kaffee mit schwarzgebrannten Spirituosen aufzuputschen. Natürlich steht der Likör im Facit hinter der Theke, zusammen mit weiteren hausgemachten und handverlesenen Zutaten. Also: Wer einen grandiosen schwedischen Cocktail probieren möchte, sollte sich auf den Weg in den Norden machen!
Murat Sofrakis & Lena Jörgensen, Weingut in Klagshamn
Winzer nach der Low-Intervention-Philosophie
Südlich von Malmö, in der Nähe eines Strands am Öresund, befindet sich das Weingut von Klagshamn, das in der warmen Jahreshälfte Besucher willkommen heißt. Er wurde 2001 vom Ehepaar Murat Sofrakis und Lena Jörgensen gegründet. Die beiden Pioniere haben einige der ersten und besten Weine des Landes hervorgebracht.
„Als es 1999 gesetzlich erlaubt wurde, in Schweden Wein anzubauen und zu keltern, haben wir sofort losgelegt. Ansonsten wären wir wohl ausgewandert“, sagt Sofrakis und lacht. Seitdem hat das Paar mehrere preisgekrönte Weine aus händisch geernteten Trauben gemacht, die alle ohne Pestizide auskommen. Diese Naturweine werden mit einem Minimum an menschlichen Eingriffen hergestellt, folgen also der Low-Intervention-Philosophie. Nach dem Motto „weniger ist mehr“ setzt man auf Spontangärung, Zirkularität und Nachhaltigkeit.
Den meisten Weinen liegt die grüne Rebsorte Solaris zugrunde, die Sofrakis als „bahnbrechende, ultimative Traube“ bezeichnet: „Ihr Geruch und Geschmack sind so vielseitig.“ Die Sorte ist außerdem pilzwiderstandsfähig und frostfest, was im Norden besonders wichtig ist. Schwedens kälteres Klima ist aber auch ein Vorteil: Die Trauben werden nicht überreif, und weil der Reifeprozess so lange dauert, können sich viele interessante Nuancen entwickeln – darunter die von Sofrakis gelobte „herrlich knackige Frische“. Obwohl die schwedischen Weine von Region zu Region variieren, ist es die „Kombination aus Reifegrad und Frische – einer anregenden Säure –, die sie so einzigartig macht“, findet er.
Wer sich von der nordischen Winzerkunst überzeugen lassen möchte, kann sich einer Weinbergführung anschließen (Mitte Mai bis Mitte August, im Voraus anmelden).
Karl Sjöström und Mikael Nypelius, Fruktstereo
Das Duo hinter Cider und Obstperlweinen
Das Team von Fruktstereo mit Sitz im südschwedischen Malmö stellt natürlich vergorenen Apfelwein ohne Zusatzstoffe her, und außerdem Perlweine (Pét-nats) aus fantasievollen Fruchtkombinationen. Die Gründer Karl Sjöström und Mikael Nypelius, die beide vorher als Sommeliers gearbeitet und Naturweine importiert haben, begannen 2016 mit der Ciderherstellung, nachdem sie erkannt hatten, wie viele Äpfel jeden Herbst auf dem Kompost landen. Sie sammelten ungewollte Früchte von Bauern und Gärtnern ein und kelterten Apfelwein nach der sogenannten „altertümlichen Methode“ (Méthode ancestrale), mit der man normalerweise Naturwein aus Trauben herstellt. Das geht ungefähr so: Nach dem Pflücken, Zerstoßen und Auspressen der Früchte wird der Saft auf natürliche Weise vergoren und noch während des Gärprozesses in Flaschen abgefüllt. Der natürliche Fruchtzucker entwickelt dann in der Flasche die Perlage.
Später probierten die Jungs von Fruktstereo diese traditionelle Flaschengärung mit Kirschen, Pflaumen, Weinbeeren und anderen Früchten aus und stellten fest, dass sie eine neue Getränkekategorie entwickelt hatten: nämlich Obstperlweine oder „Frucht-pét-nats“. (Pét-nats ist übrigens eine Abkürzung für den französischen Ausdruck „pétillant naturel“, also „natürlich perlend“.)
Neugierig geworden? Dann solltest du die Savant Bar aufsuchen, wenn du das nächste Mal in Stockholm bist: Tagsüber gibt’s dort Kaffee, und abends werden Naturwein und Cider ausgeschenkt. Die Getränke von Fruktstereo gibt’s außerdem bei Ruths in Malmö und in der Göteborger Pintxos-Bar Basque.
Erika Ollén, Gnista Spirits
Auch bei Nullprozentigem kann der Funke überspringen
Du liebst den Geschmack und das Gefühl von feinen Spirituosen auf der Zunge, möchtest aber weniger Alkohol trinken? Dann haben Erika Ollén und das Team von Gnista Spirits genau das Richtige für dich. Das schwedische Wort „gnista“ bedeutet „Funke“ – ein passender Name für die erste alkoholfreie Spirituose, die sich wirklich mit Whisky & Co. messen kann.
Ollén hat Gnista Spirits unter anderem deshalb gegründet, weil es damals im alkoholfreien Sortiment keine Getränke gab, die Fans von hochwertigen Spirituosen eine ernsthafte Alternative bot – egal, ob diese grundsätzlich oder nur gelegentlich auf Hochprozentiges verzichten wollen. Damit war sie einem Trend auf der Spur: Alkoholfreie Getränke bilden mittlerweile einen der am schnellsten wachsenden Märkte weltweit, und in Schweden ist die Nachfrage seit 2019 um 8 % gestiegen.
Die Produktion der Gnista-Getränke erfolgt in kleinem Umfang und händisch in einem Werk bei Malmö, nicht weit vom Hauptsitz des Unternehmens entfernt. Derzeit sind zwei Sorten in Serie: Floral Wormwood und die rauchigere Kreation Barreled Oak. Beide sind dunkel, intensiv und komplex, und sie eignen sich als Aperitif sowie als Basis für alkoholfreie Cocktails. Hinter diesen interessanten Neuheiten der modernen Gastronomie stecken Spitzentechnologie und klassisches Handwerk mit Brennen, Brauen und Fassreifung.
Die Getränke von Gnista Spirits sind online und in führenden schwedischen Bars erhältlich, darunter die Aster Bar und Restaurant in Malmö und die Cocktaillounge Nest im Stockholmer Hotel Downtown Camper. Der gute Ruf schallt längst über die Landesgrenzen hinaus und die Getränke werden mittlerweile sogar in die USA exportiert. Denn Gnista liefert nicht nur erstklassigen Geschmack, sondern lässt Genießer auch “feiern, als ob es ein Morgen gäbe!“
Marcus Hjalmarsson, Brewski
Der schwedische Craftbier-Pionier
Es war einmal eine kleine Craftbier-Brauerei in Helsingborg. Sie eroberte die Geschmacksknospen von Kennern in aller Welt und setzte praktisch die Craftbier-Bewegung in Schweden in Gang. Brewski wurde 2014 von Marcus Hjalmarsson gegründet und war die erste Brauerei im Land, der ein Frucht-IPA gelang: das äußerst erfolgreiche „Mangofeber“. Seitdem hat sich Brewski stark entwickelt und exportiert seine Qualitätsbiere heute auch in ferne Länder wie Italien, Japan und die USA.
Der Drang nach Innovation und Entwicklung treibt Hjalmarsson zu immer neuen Kreationen an. Mittlerweile hat er sich von Fruchtbieren entfernt und experimentiert lieber mit der „Kettle Sour“-Methode. Selbst sagt er: „Qualität steht an erster Stelle, aber sobald die abgesichert ist, wollen wir tüfteln, uns entwickeln und wachsen.“
Allen Craftbierfans sei außerdem das Brewskival empfohlen – ein Bierfestival in Südschweden, das kein Geringerer als Hopfenpionier Hjalmarsson ins Leben gerufen hat. Seit der Premiere im Jahr 2013 hat sich das Event zu einem wichtigen Treffpunkt der internationalen Craftbier-Community entwickelt. Die nächste Auflage ist für August 2023 geplant.
Und wenn du schon in Skåne bist, solltest du auch bei Barski in Helsingborg einkehren. Dort gibt’s viele Biersorten von Brewski, darunter Pie Sours, fruchtige IPAs und den Klassiker „Pi Wasser Pilsner“. Auf der Speisekarte stehen Ramen-Nudelsuppen, die ordentlich durchwärmen. Craftbier und japanische Spezialitäten – wer könnte da widerstehen?
Moa Gurbuzer’s Oddbird
Schwedische Premiumweine, „von Alkohol befreit“
Die „Sober Curiosity“-Welle, die einen gesunden, „nüchtern-neugierigen“ Lebensstil zelebriert, ist aus den USA nach Europa übergeschwappt und hat auch Schweden erreicht: Viele Leute möchten weniger Alkohol trinken, ohne auf festliche Drinks in geselliger Runde zu verzichten. Wenn dich dieser Trend anspricht, werden dir die nullprozentigen Weine von Oddbird ebenso zusagen. Das Unternehmen wurde 2013 von Moa Gurbuzer gegründet – einer Vordenkerin auf dem Gebiet des entalkoholisierten Weins.
Als Sozialarbeiterin hat Gurbuzer miterlebt, welche Auswirkungen der Alkoholkonsum auf Familien haben kann, und so wurde ihr Interesse an alkoholfreier Weinproduktion geweckt. Sie entwickelte den weltweit ersten „von Alkohol befreiten“ Bio-Sekt und brachte Oddbird – damals noch unter dem Namen MRG Wines – auf den Markt. In der Produktion kommen traditionelle Methoden der Weinherstellung und eine patentierte Methode zur Extraktion des Alkohols zum Einsatz. Dabei bleiben das Aroma und der Geschmack intakt – dem Wein wird lediglich der Alkohol entzogen.
Mit dieser Erfindung möchte Gurbuzer eine Veränderung unserer Trinkkultur anstoßen und es den Leuten leichter machen, ein Glas Wein oder Sekt „mit oder ohne“ Alkohol zu bestellen – ähnlich wie man Kaffee mit oder ohne Milch trinken kann. Kritiker und Kunden loben Oddbirds Sortiment an Weiß-, Rot-, Rosé- und Schaumweinen, die auch in vielen schwedischen Restaurants auf der Karte stehen. Oddbird hat außerdem kürzlich den weltweit ersten entalkoholisierten Bio-Schaumwein in der Dose auf den Markt gebracht. In der Zukunft sind außerdem alkoholfreie Spirituosen geplant.