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Die acht Jahreszeiten der Samen
Winter - Dálvvie – Jahreszeit der Pflege
Eine dicke Schneeschicht schützt das Erdreich und das Land. Sie ruhen unter Millionen glitzernder Schneekristalle, die sich um das empfindliche Weideland kümmern, das nach und nach schrumpft. Der karge Winter hütet die Rene durch seine Strenge, sie bewegen sich nur langsam, um überleben zu können. Ihre Hufe graben sich durch nahezu meterdicke Schneedecken, um die als Nahrung dienenden Flechten freizulegen. Die Sonne kämpft sich ihren Weg langsam zurück in das nördliche Himmelszelt, sie schenkt hoffnungsvolles Licht und die Schneekristalle glitzern vor Dankbarkeit.
Spätwinter - Gijrradálvvie – Jahreszeit des Erwachens
Die Tage werden in kleinen Schneehuhnschritten heller, erwecken die Natur zum Leben. Die Eiszapfen tropfen, vergießen Freudentränen. Das Erwachen ruft Bewegung hervor, die weiblichen Rene, die das neue Leben in sich tragen, blicken erwartend gen Nordwesten, während die Sehnsucht des Erdreichs nach dem Erwachen noch unter der Schneedecke schwelt. Die weiblichen Rene wissen, dass es bald an der Zeit ist, wieder an die gleichen Stellen zurückzukehren, die ihre Kälber Jahr für Jahr willkommen heißen.
Frühling - Gijrra – Jahreszeit der Rückkehr
Nun sind die Tage und Nächte hell, mit betäubendem Dröhnen lösen sich die Eisplatten, die lebendig sprudelnden Wasserläufe kitzeln das Erdreich und locken das Grün zur Wiederkehr. Miessemánnu ist das samische Wort für den Mai, den „Kalbmonat“. Jetzt machen die Kälber ihre ersten wackeligen Gehversuche. Die Rene sind an die Lichtungen an den Waldhängen zurückgekehrt, die sie Jahr für Jahr aufsuchen, weil sie sich dort geborgen fühlen. Die Kälber sammeln Kraft und Mut für die ihnen bevorstehende Wanderung durchs Leben.
Frühsommer - Gijrragiessie – Jahreszeit des Wachstums
Das Erdreich kleidet sich in zartes Grün, schmückt sich mit den Farben der Vegetation. Vorsichtig und zögernd streckt sie sich nach der warmen Luft, die Saat geht immer stärker auf. Das Laub der Bäume wird mutiger und lässt sich auf das Spiel des Windes ein. Die Mücken treiben die Rentierherden auf die Gletscher im Fjäll. Die Samen bereiten sich auf den Umzug ins Fjäll vor, wo die Kälber in der Sicherheit ihrer Herde in Ruhe heranwachsen dürfen.
Sommer - Giessie – Jahreszeit des Nachdenkens
Der kurze aber helle Sommer hält die Menschen und Rene wach. Die Kälber müssen markiert werden, die Rene können sich endlich am Reichtum der Natur satt essen. Sie müssen Fettreserven anlegen, um überleben zu können, denn bald werden sie sich in ihr schönes dichtes Herbstfell kleiden. Das Geweih wächst und wir verfolgen, wie die Rene zunehmen.
Spätsommer - Tjakttjagiessie – Jahreszeit der Ernte
Das Licht, die Wärme, die Sonne und der Regen haben das Beste aus der Vorratskammer des Erdreichs hervorgelockt. Es schenkt uns Beeren, Kräuter und Pilze. Wir jagen. Wir sammeln die letzten Gaben der Erde ein, die nun langsam beginnt, ihre Kleidung abzulegen.
Herbst - Tjakttja – Jahreszeit der Antriebskraft
Der Frost meldet seine Anwesenheit an, ergreift das Erdreich. Das gelbe Gras legt sich wie ergrautes Haar über das Land, das im Lauf des Jahres älter geworden ist. Die Zeit drängt das Erdreich zur Ruhe, es bereitet sich auf den kleinen Tod vor. Die Zeit der Dunkelheit, skábma, nähert sich und Geschichten über das Rätsel des Lebens begleiten uns durchs Dunkel.
Frühwinter - Tjakttjadálvvie – Jahreszeit der Wanderungen
Die Sonne wandert davon, überlässt uns der Stille und dem Warten. Die Rene werden in kleinere Herden unterteilt, behutsam wandern sie auf ihre Winterweiden. Das Erdreich ist empfindlich und wir müssen es mit Sorgfalt behandeln. Es schläft unter der glitzernden Schneedecke und das Nordlicht – das Licht der Augen all jener, die uns verlassen haben – blickt auf uns herab. Die Sterne leuchten in klaren Mustern, so dass wir den Weg zurück finden in das neue Jahr, das auf uns wartet.